Thermische Reinigungsanlagen von REKO B.V.
Teer- und pechhaltiger Straßenaufbruch ist aufgrund seiner krebserregenden und wassergefährdenden Wirkung eine bedeutende Altlast im deutschen Straßenbau. Seit 2018 ist es untersagt, diesen im Straßenbau wiederzuverwenden. Stattdessen muss er deponiert oder thermisch gereinigt werden. Doch in Deutschland existieren aktuell keine für die Behandlung von teerhaltigem Straßenaufbruch geeigneten thermischen Aufbereitungsanlagen. Das niederländische Unternehmen REKO B.V. aus Rotterdam hat sich auf die thermische Behandlung von teerhaltigen Straßenbaustoffen spezialisiert. Das innovative Verfahren zeichnet sich nach einer Ökobilanzstudie des Fraunhofer Instituts für Silicatforschung ISC sowohl durch einen hohen Wirkungsgrad bei der Schadstoffbeseitigung als auch durch hohe Energie- und Ressourceneffizienz aus. Voraussichtlich im Oktober 2020 wird REKO B.V. im Rotterdamer Hafen seine zweite Anlage fertigstellen und kann dann bis zu 1,8 Mio. t/a umweltfreundlich aufbereiten.
Jedes Jahr fallen bei der Sanierung des Straßennetzes Millionen Tonnen von teerhaltigem Straßenaufbruch an. Alleine in den Niederlanden sind es etwa 1,1 Mio. t/a, in Deutschland ein Vielfaches. Als teerhaltiger Straßenaufbruch werden als Abfall anfallende Straßenbaustoffe bezeichnet, die unter Verwendung von Pech hergestellt wurden. Aufgrund dieses Bindemittels, das krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffen (PAK) enthält, darf teerhaltiger Straßenaufbruch laut Bundesverkehrsministerium (BMVI) seit 2018 nicht mehr im Straßenbau wiederverwendet werden, sondern muss als Altlast deponiert oder einer umweltschonenden Verwertung per thermischer Aufbereitung zugeführt werden, um die enthaltenen toxischen Stoffe zu vernichten. Hierbei entsteht wieder reines Gestein als unbelasteter Recyclingbaustoff. Doch in Deutschland existieren keine solchen Anlagen für die Aufbereitung von teerhaltigen Straßenbaustoffen. Deshalb werden heute bereits erhebliche Mengen aus Deutschland in der REKO Anlage in Rotterdam aufbereitet. Dazu wird der Straßenaufbruch per Binnenschiff in den Rotterdamer Hafen transportiert.
Urban Mining als Regierungspolitik
Die Niederlande besitzen aufgrund ihrer geologischen Verhältnisse nur sehr geringe Mengen an abbaubaren Gesteinsressourcen. Jedes Jahr müssen deshalb etwa 25 Mio. t Primärrohstoffe wie Sand und Kies importiert werden aus Belgien, Deutschland, Norwegen und Irland. Der Abbau von Primärrohstoffen verursacht bei weiter steigender Nachfrage Umweltschäden und führt mittelfristig zu einem Mangel an Primärbaustoffen. Deshalb gibt die niederländische Regierung dem Recycling von mineralischen Abfällen seit vielen Jahren höchste Priorität. Es existieren ein Deponieverbot und strenge Vorschriften zur Verwendung von Recyclingbaustoffen aus mineralischen Abfällen, z.B. im Straßenbau. In den Niederlanden hat man deshalb auch seit Jahren Erfahrung mit Recycling mineralischer Abfälle und auch der thermischen Behandlung von teerhaltigem Straßenaufbruch. Aktuell werden etwa 99 % des gesamten Bauschutts in den Niederlanden recycelt. Urban Mining ist also politisch und auch wirtschaftlich ein großes Thema.
Umso interessanter ist die thermische Reinigung des teerhaltigen Straßenaufbruchs aus Deutschland, da die dadurch generierten Sekundärrohstoffe im Land verbleiben und als Ersatzbaustoffe eingesetzt werden können, die primären Rohstoffen absolut gleichwertig sind. Die durch den Urban Mining-Prozess gewonnenen hochwertigen Recyclingbaustoffe ersetzen lokal knappe Primärressourcen wie Sand, Kies und Füllmaterial, z.B. in Asphalt- oder Betonmischwerken. Rotterdam ist hier ein Recycling-Hotspot.
Innovatives Recyclingverfahren mit hohem Wirkungsgrad
Das Unternehmen Recycling Kombinatie REKO B.V. (REKO) hat bereits 2006 seine erste thermische Reinigungsanlage für teerhaltigen Straßenaufbruch in Betrieb genommen. Dabei wird der Straßenaufbruch zuerst zerkleinert. Anschließend wird der Teer mit seinen toxischen, organischen Bestandteilen wie PAK bei einer Temperatur von ca. 850 bis 1000 Grad Celcius verbrannt und so vollständig vernichtet. Zurück bleibt der mineralische Anteil (Sand/Kies/Füller) als hochwertiger Sekundärbaustoff. Ein weiterer ökologischer Gewinn ist die Nutzung der Abwärme zur Stromproduktion. Mit den heißen Rauchgasen wird Dampf produziert. Dieser treibt eine Dampfturbine und einen Generator zur Stromproduktion an. Damit können in der existierenden Anlage REKO I etwa 5 MW Strom pro Stunde erzeugt werden. Genügend Strom, um ca. 9000 Familien mit Strom zu versorgen.
Nach dem Abkühlen werden die Rauchgase in mehreren Stufen gereinigt. Zuerst werden sie durch zwei Gewebefilter entstaubt. Der Staub wird als Öko-Füllstoff an die Beton-oder Asphaltindustrie abgegeben. Das Stickstoffoxid in den Rauchgasen wird dann durch eine katalytische DeNOx-Anlage in unschädlichen Stickstoff und Sauerstoff umgewandelt. In einer DeSOx-Anlage (Gaswäscher) werden die Rauchgase anschließend von Schwefeloxid gereinigt, das durch die Verbrennung von Schwefel entstand, welcher in hoher Konzentration Bestandteil des Teers war. Durch Auswaschen der Gase mit Kalkwasser wandelt sich das Schwefeloxid in einer chemischen Reaktion in synthetischen Gips. Dieser Gips eignet sich für hochwertige Anwendungen in der Bauindustrie. Aus dem Schornstein der Anlage entweicht schließlich nur noch Wasserdampf, es bleiben keinerlei Schadstoffe übrig. Dies ergibt einen Recyclinggrad von 100 % der Ausgangsmaterialien.
Wachsende Nachfrage für thermische Reinigung in Europa
Eine Untersuchung von REKO B.V. hatte gezeigt, dass überall im europäischen Ausland (Deutschland, Belgien, Frankreich, Österreich, Schweiz) große Mengen von teerhaltigem Straßenaufbruch anfallen, die bisher mangels Alternative größtenteils deponiert werden. Deshalb hat man sich bei REKO B.V. zum Bau einer zweiten thermischen Reinigungsanlage nach dem neuesten Stand der Technik entschlossen. Diese neue Anlage („REKO II“) mit einem Investitionsvolumen von ca. 125 Mio. € befindet sich bereits im Bau und soll noch 2020 fertiggestellt werden. Sie wird eine Reinigungskapazität von 1,2 Mio. t/a haben. Im Vergleich zur ersten Anlage („REKO I“) von 2006 ist sie um ein Vielfaches energieeffizienter und nachhaltiger.
Zum einen kann schon beim Verbrennungsvorgang Erdgas eingespart werden. Durch innovative Rauchgasrückführung wird die Gesamtmenge an Rauchgas reduziert. So lässt sich Strom bei Ventilatoren und Gaswäschern einsparen. Durch eine moderne Windsichteranlage lässt sich der abgetrennte Staub genauer nach Korngröße abtrennen. Weil die Betonindustrie so Staub und Granulate höherer Qualität erhält, kann sie Zement einsparen. Besonders beeindruckend ist die Steigerungsrate bei der Energiegewinnung von 400 %. So kann durch modernste Anlagentechnik aus der Prozessabwärme ein Vielfaches an Energie generiert werden. Mit max. 28 MW/Stunde reicht die Strommenge zur Versorgung von etwa 70 000 Familien. Alternativ bietet die neue Anlage die Möglichkeit, die gewonnene Abwärme (z.B. im Winter oder morgens) direkt ins Fernwärmenetz von Rotterdam einzuspeisen, um Wohnungen und Gewächshäuser umweltfreundlich zu beheizen.
Neben den erzeugten Sekundärrohstoffen können 400 % mehr Energie gewonnen werden, als an Brennstoff (Erdgas) zum Betrieb aufgewendet wurden. Damit leistet REKO B.V. einen entscheidenden Beitrag für eine umweltfreundliche Kreislaufwirtschaft und zur Reduzierung der CO2-Emissionen in der Baustoffindustrie in Europa. Bei weiterhin wachsender Nachfrage für die thermische Reinigung teerhaltigen Straßenaufbruchs in Zentraleuropa plant REKO langfristig auch den Bau einer dritten Reinigungsanlage in den Niederlanden oder auch am Standort Deutschland.
„Untersuchungen des Fraunhofer-Instituts von 2019 haben bewiesen, dass unsere innovativen Anlagen zur thermischen Reinigung von teerhaltigem Asphalt trotz des Transportaufwandes nicht nur hinsichtlich ihrer Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit Vorteile im Vergleich zur Deponierung erbringen“, erklärt David Heijkoop, Direktor von REKO B.V. „Unser Verfahren der energetischen Verwertung bietet vor allem auch eine erhebliche CO2-Einsparung. So sind die Treibhausemissionen pro Tonne Straßenaufbruch selbst bei 0 Kilometern Entfernung zwischen Entstehungsort und Deponie vorteilhafter gegenüber einer Deponierung. Mit steigender Transportentfernung zwischen Entstehungsort und Deponie wächst dieser Vorteil immer weiter an.“