Förderprojekt Car2Car entwickelt Technologien für optimiertes Recycling von Altfahrzeugen

Die Rohstoffknappheit, aber auch ein höheres Umweltbewusstsein rücken nun auch Altfahrzeuge als begehrte Rohstoffquelle in den Fokus des Recyclings. Ein Konsortium bestehend aus Automobilwirtschaft, Recycler*innen und Wissenschaftler*innen macht es sich im Projekt Car2Car zur Aufgabe, die Qualität der aus Altfahrzeugen gewonnenen Sekundärrohstoffe durch innovative Demontage- und automatisierte Sortierverfahren zu erhöhen. Das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie, ein Institut des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR), bringt seine Expertise zur Werkstofferkennung mittels Sensortechnik sowie spektroskopische Verfahren für die Stoffidentifikation ein. Das Ziel ist, den Anteil von Sekundärmaterialien in Neufahrzeugen im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu erhöhen.

Im Car2Car-Projekt werden Demontage- und Sortierverfahren für die Wiederverwendung der in Altfahrzeugen enthaltenen Rohstoffe entwickelt
© BMW AG

Im Car2Car-Projekt werden Demontage- und Sortierverfahren für die Wiederverwendung der in Altfahrzeugen enthaltenen Rohstoffe entwickelt
© BMW AG
Die Ziele des Klimaschutzes und die Versorgungsengpässe im Rohstoffbereich machen auch vor der Automobilindustrie nicht halt. Um Fahrzeuge, Verkehr und Mobilität fit für die Zukunft zu machen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) das Förderprogramm „Neue Fahrzeug- und Systemtechnologien“ aufgesetzt. Bis Ende 2025 sollen neue Technologien entwickelt sowie prototypisch erprobt und damit langfristig die Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit der deutschen Industrie gestärkt werden. Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär beim BMWK, betont: „Die erfolgreiche Transformation der Fahrzeughersteller und Zulieferer ist zentral für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Eine stärkere Kreislaufwirtschaft, die Ressourcen schont und wiederverwertet, ist ein wichtiger Schritt hin zur Klimaneutralität und sichert gleichzeitig Lieferketten ab. Innovationsvorhaben in diesem Bereich sind daher von großer Bedeutung. Die Förderung durch das Bundeswirtschaftsministerium trägt dazu bei, die Abhängigkeit der Automobilindustrie von Rohstoffimporten zu reduzieren und die Versorgung der Wirtschaft mit Rohstoffen langfristig sicherzustellen, um die industrielle Wertschöpfung zu stärken“.

 

Car2Car – Kreislauffähige, nachhaltige Fahrzeugverwertungskonzepte

Im Projekt Car2Car des BMWK-Förderprogramms kommen Expert*innen aus Automobilindustrie, Wissenschaft und Recyclingindustrie zusammen, um für die wichtigsten Werkstoffgruppen im Automobil (Stahl, Aluminium, Glas, Kunststoff und Kupfer) automatisierte Demontagekonzepte zu entwickeln sowie eine sortenreine Trennung und Aufbereitung dieser Sekundärrohstoffe voran zu bringen. Dafür wird die gesamte Prozesskette vom Fahrzeugteil bis zur Wiederverwendung in einem Großversuch mit 500 Altfahrzeugen, bereitgestellt vom Projektleiter BMW AG, erarbeitet und demonstriert. Die einzelnen Projektpartner entwickeln die Prozessschritte anhand ihrer jeweiligen Expertisen weiter und bauen zusammen einen Gesamtkreislauf auf, der die vollständige Analyse von Stoffstrommodellen ermöglicht. Weiterhin sollen ökologische und ökonomische Evaluationen die industrielle Skalierbarkeit, eine effektive Treibhausgasreduktion sowie die wirtschaftliche Tragfähigkeit sicherstellen.

  Pilotanlage am HIF zur Erfassung, Identifizierung und Detektion komplex zusammengesetzter Recyclingstoffströme
© HZDR/Detlev Müller

Pilotanlage am HIF zur Erfassung, Identifizierung und Detektion komplex zusammengesetzter Recyclingstoffströme
© HZDR/Detlev Müller

Mit Künstlicher Intelligenz zu einer effizienten Kreislaufwirtschaft

Der Einsatz digitaler Technologien und Künstlicher Intelligenz (KI) kann bisher manuell ausgeführte Verwertungsabläufe in zunehmendem Maße automatisieren und beschleunigen. So lässt sich der Demontageprozess etwa durch Roboter-Technologie teil- oder sogar hochautomatisieren. Die Integration von Systemen zur optischen sowie KI-unterstützten Erkennung und Sortierung von Wertstoffen im Post-Schredder-Prozess ermöglicht es, die Qualität und Reinheit der Materialien Aluminium, Stahl, Glas, Kupfer und Kunststoff signifikant zu steigern. Die während des Aufbereitungsprozesses entnommenen Proben und gewonnenen Materialcharakterisierungen bilden eine Datenbasis für die technologisch-ökonomische Bewertung, aber auch für die Bilanzierung der Stoffströme.

Das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) am HZDR forscht seit einigen Jahren zu sensorbasierten Identifikations- und Detektionsverfahren. Während der Schredderkampagne der 500 Altfahrzeuge wird diese Sensortechnik auf Basis von laserinduzierter Plasma-Spektroskopie (LIPS) in Kombination mit weiteren Sensoren für Aluminium- und Eisen-Legierungen zum Einsatz kommen und unterschiedliche Zusammensetzungen identifizieren. Angewendet an einer klein- bzw. halbtechnischen Pilotanlage, die am HIF installiert ist, wird die LIPS-Sensortechnik die Stoffgemische untersuchen und die Trennbarkeit quantifizieren. Derzeit sind Verwertungsprozesse mit einem hohen manuellen Arbeitsaufwand sowie mit Einbußen bei der Materialreinheit verbunden und daher nur für die wenigsten Fahrzeugkomponenten wirtschaftlich attraktiv. Sensorik und KI automatisieren und beschleunigen diese Prozesse. Von den Untersuchungsergebnissen erhoffen sich die Wissenschaftler*innen auch Anwendungsmöglichkeiten für Polymer-Mischungen zu erlangen. „Metalle und Kunststoffe kommen in Altprodukten oft eng miteinander verbunden vor. Daher wollen wir die Sensorik so weiter entwickeln, dass sie Metalle und Polymere zum einen voneinander unterscheiden und schließlich die Materialien identifizieren und detektieren kann. Das wäre für die Wiederverwendung der in Altfahrzeugen enthaltenen Rohstoffe von wesentlicher Bedeutung“, erläutert Dr. Margret Fuchs, Wissenschaftlerin im Bereich Lumineszenz-Spektroskopie am HIF.

Die Projektpartner des Car2Car-Projekts beim Auftakttreffen im Januar 2023
© BMW AG

Die Projektpartner des Car2Car-Projekts beim Auftakttreffen im Januar 2023
© BMW AG
Die aus dem Großversuch gewonnenen Daten und Erkenntnisse sollen die angewendeten Technologien verbessern und zukünftig auch auf andere Stoffgemische angewendet werden können. Maßgeblich fassen die Forschenden für die weiteren Untersuchungen niederlegierte Stähle, Aluminium, Polymere sowie Kupfer-Stahl-Verbunde ins Auge. Diese Erweiterung und Integration neuer technologischer Ansätze für die mechanische und physikalische Aufbereitung ermöglicht einen weiteren Schritt hin zu einer effizienten Kreislaufwirtschaft.

 

Das Förderprojekt Car2Car setzt sich aus den folgenden Verbundpartnern zusammen:

www.hzdr.de

www.bmwgroup.com

Thematisch passende Artikel:

RecAL – Neue Recycling-Technologien für europäisches Aluminium

Das AIT Austrian Institute of Technology leitet das EU-Projekt RecAL, das sich mit Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz in der Aluminiumindustrie beschäftigt. In einer...

mehr

AIT leitet EU-Projekt STREAMS: Ein Green Deal für Europas Batterieproduktion

Die Fragilität der aktuellen Lieferketten und die Knappheit kritischer Rohstoffe stellen Europas Batteriehersteller vor große Herausforderungen. Im Fokus der europäischen Batterieproduktion stehen...

mehr

Konferenz Verpackungsrecycling am 05.12.2023 in Berlin

Noch zwei Wochen bis zur 6. Konferenz Verpackungsrecycling „Kreislauffähigkeit, Sekundärrohstoffeinsatz und die Zukunft des Wertstoffmanagements“ – einer gemeinsamen Veranstaltung der Verbände...

mehr