Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft auch 2020 aktuell

Berliner Recycling- und Sekundärrohstoffkonferenz 2020

Nach wie vor sind praktikable wirtschaftliche Lösungen für eine ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft mit dem Ziel Schonung der natürlichen Ressourcen unabdingbare Voraussetzung für Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowohl national als auch global. Eine wichtige Säule stellt dabei die Recyclingeffizienz und der effiziente Einsatz von Sekundärrohstoffen dar.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass die bisherige Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz entsprechend unbenannt wurde und sich am 02. und 03. März 2020 in vielschichtiger Weise dieser Thematik widmete. Diesen Termin konnte man wenige Tage später als gerade noch rechtzeitig bezeichnen, denn die Corona-Krise warf so gerade ihre ersten Schatten voraus. Trotzdem fehlten einige wichtige Akteure, beispielsweise der Chairman Prof. Dr.-Ing. Daniel Goldmann, TH Clausthal. Weit vorausschauend hatte diese universitäre Einrichtung und ebenso die TH Braunschweig ihren Mitarbeitern aus Sicherheitsgründen die Teilnahme untersagt. Trotzdem konnte der Veranstalter rd. 290 Teilnehmer registrieren. Damit ist das Interesse an dieser sich jährlich wiederholenden Konferenz ungebrochen. Die wissenschaftliche Leitung der Konferenz lag in den bewährten Händen von Prof. Daniel Goldmann und Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Bernd Friedrich RWTH Aachen.

Nach der Begrüßung und Eröffnung der Konferenz durch Frau M. Sc. Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Geschäftsführerin der Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH, Neuruppin gab Dr.-Ing. Olaf Holm vom gleichen Unternehmen und Verantwortlicher für die Programmkoordination eine kurze Einführung in das Anliegen sowie die Themenschwerpunkte der Konferenz: Kunststoff- und Batterie-Recycling, Digitalisierung und Robotik.

Plenarsitzung – Rohstoffpolitik, Strategie und Gesetzgebung

Die Plenarsitzung war in vier Kernthemen unterteilt:

Rohstoff- und Recyclingeffizienz

Politik und Gesellschaft

Nachhaltigkeit und

Kreislaufwirtschaft

Eine klare Abgrenzung dieser Komplexe untereinander war kaum möglich, und die Unterteilung galt offensichtlich der besseren Übersichtlichkeit des Konferenzablaufs.

Unter der Moderation von Prof. Dr.-Ing. Rüdiger Deike, Universität Duisburg Essen eröffnete Min. Dirigent Dr.-Ing. Christoph Epping BMU Bonn den ersten Themenkreis und stellte „Aktuelle Projekte dieses Bundesministeriums im Bereich der Kreislaufwirtschaft“ vor. „Ohne Gesetze kein Recycling, aber auch ohne Technik kein Recycling“ konstatierte der Referent und erläuterte die zahlreichen Einflussmöglichkeiten des Staates auf die Kreislaufwirtschaft. Ebenso ging er auf die Regelungsmöglichkeiten international, europäisch, national, kommunal und die in nächster Zeit anstehenden gesetzlichen Änderungen ein (z. B. Baseler Abkommen: Verschärfungen zur Verbringung von Kunststoffabfällen ab 01.01.21, Novelle des KrWG; im Juli 2020 soll das Gesetz zur Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie verabschiedet werden. Weitere Ausführungen betrafen die EU-Einwegkunstoff-Richtlinie, die bis zum Juli 2021 umzusetzen ist.

Zur „Bewertung von Risiken in Rohstofflieferketten“ referierte Prof. Dr. Volker Steinbach, BGR Hannover und berücksichtige dabei den gesamten Ablauf von der Konzeption bis zur Umsetzung. Obgleich kaum einer das ganze Ausmaß der Corona-Krise zu diesem Zeitpunkt ahnte, prognostizierte Prof. Steinbach in seinem Beitrag schon einen großen Einfluss auf die Wirtschaft und Umwelt. An einigen Beispielen wurde gezeigt, wie wichtig Risikobewertungen zur verantwortungsvollen Sicherstellung von Rohstofflieferkette sind. Neben unternehmensinternen Managementsystemen sind dafür auch in immer stärkerem Maße internationale Initiativen für die Umsetzung einheitlicher Prüfverfahren und Standards gefragt.

Es fehlt nicht an Überlegungen, die Recyclingeffizienz zu erhöhen und diesen Begriff nicht nur als politisches Schlagwort zu verwenden. Insofern versprach der Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Bernd Friedrich, RWTH Aachen konkrete Wege zur Erreichung dieses Ziels: „Steigerung der Recyclingeffizienz durch thermische Vorbehandlung komplexer Rohstoffströme“. Er konnte zeigen, dass es gelingt, eine thermische Vorbehandlung in die mechanische Vorbehandlung einzubeziehen und damit eine ganze Reihe von unerwünschten Bestandteilen nachhaltig zu entfernen. An drei Beispielen – Li-Ionen-Batterien, beschichtetes Aluminium, PCB – zeigte Prof. Friedrich die erzielten Ergebnisse. Sein Fazit: trotz des kostenverursachenden Extraverfahrensschrittes ist die Technologie wirtschaftlich, denn die Nachfolgeprozesse verlaufen deutlich kostengünstiger bzw. sie werden überhaupt erst möglich (PCB – Pulverbildung durch Pyrolyse).

Unter der Rubrik „Politik und Gesellschaft“ referierte Frau Dr. Yun Schüler-Zhou, DERA Deutsche Rohstoffagentur Berlin zu den „Einschränkungen der Abfalleinfuhren in China und die Auswirkungen auf den Recyclingmarkt“. Neben allgemeinen Ausführungen zur Abfallwirtschaft und Umweltpolitik Chinas wurde das Vorgehen am Beispiel der Cu-Schrottimporte näher erörtert.

Prof. Dr.-Ing. Christian Berg, TU Clausthal widmete sich dem Thema Nachhaltigkeit („Warum wir nicht nachhaltig sind und wie wir es werden können“) und stellte fest: „Nachhaltigkeit ist zwar utopisch, aber wir brauchen sie als Orientierung!“ Anzustreben ist der dringend erforderliche Übergang zu einer nachhaltigeren Gesellschaft. Dabei ist eine Vielzahl von Nachhaltigkeitsbarrieren zu überwinden, die der Referent näher beleuchtete und Wege zu ihrer Überwindung aufzeigte.

Interessante Überlegungen zu unserem ökologischen Fußabdruck stellte Prof. Dr. Rainer Bunge, HS für Technik, Rapperswil/Schweiz, in seinem Beitrag „Unser Problem: Zu viel Geld“ an. Dabei konstatierte er einleitend, dass das menschliche Problem nicht der Abfall, sondern der Konsum ist (Abfall- und Abwasserentsorgung tragen nur zu 2,5 % zum ökologischen Fußabdruck des Menschen bei). An Beispielen aus vielen Lebensbereichen (Mobilität, Wohnen, Ernährung u.v.a.m.) zeigte er, wie die Umweltbelastung durch den Kauf von Produkten und Dienstleistungen beeinflusst wird und schlussfolgerte: „Der ökologisch beste Kaufentscheid ist nicht unbedingt das Produkt mit sehr niedriger Ökobilanz, sondern das, welches pro ausgelöstem Schaden am meisten kostet.“ Vielleicht ein wenig provokant, aber dennoch mit einigen wertvollen Überlegungen zum Kaufverhalten und seinen Auswirkungen auf die Umwelt.

Ein schönes Beispiel für nachhaltiges Wirtschaften stellte Dr.-Ing. Martin Giersberck, Robert Bosch GmbH, Renningen vor: „Urban Mining – nachhaltige Kunststofflösungen bei Bosch“. Zum 01.01.2020 hat das Unternehmen 12 strategische Portfolios der Bosch-Forschung formuliert, von denen eines Nachhaltigkeit ist. Wichtig dabei das Gebiet Kunststoffe, denn man wird auch zukünftig nicht auf diesen Werkstoff verzichten können. Der Referent ging besonders auf das Up-cycling von Post-Consumer-Abfällen, aber auch auf das Recycling von Kunststoffen mit den Schwerpunkten Demontage (z. Zt. Erarbeitung von Logistikkonzepten für Spül- und Waschmaschinen), Recycling von Fertigungsabfällen, Biokunststoffe und weitere nachhaltige Kunststofflösungen (z. B. Ersatz von Polyamiden durch PP) ein.

Erfolgreich hat sich bereits der Einsatz eines neu entwickelten glasfaserverstärkten Recycling-PP aus verbrauchten Starterbatterien erwiesen. Die Anwendung in Ultraschallsensor-Gehäusen in der Automobil-Elektronik steht kurz vor der Serienproduktion, die Einsparung gegenüber PP-Neuware beträgt 2120 t/a CO2.

Die Wechselwirkungen zwischen Circular-Economy und Rohstoffkritikalität beleuchtete Dr.-Ing. Luis A. Tercero Espinoza, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung Karlsruhe. Ausgehend von den Definitionen der beiden Begriffe ging er auf die wesentlichen Charakteristika wie Diversität und Stabilität der Lieferbeziehungen, Produktdesign und die Rolle des Recyclings zur Rohstoffversorgung ein. Der Autor stellte sehr klar heraus, dass der Wandel zur Kreislaufwirtschaft einen deutlichen Beitrag zur Verminderung der Rohstoffkritikalität und damit zur Steigerung der Versorgungssicherheit liefert.

Im Themenkomplex „Kreislaufwirtschaft“ stellte zunächst Dr. Helmut Löwe, Bundesministerium für Forschung und Bildung, Bonn die Fördermaßnahme ReziProK (Laufzeit 2019 – 2021) des Ministeriums vor. Die Fördersumme beträgt 30 Mio. €, die Wirtschaft beteiligt sich mit zusätzlich 11 Mio. €. Ziel der 25 Verbundvorhaben ist es, den Wert von hergestellten Produkten möglichst lange im Wirtschaftskreislauf aufrecht zu erhalten. Dr. Löwe ist überzeugt: „Das Zauberwort heißt Nutzen, statt besitzen, d. h., der Dienstleister bleibt Besitzer. Weitere und zukünftige relevante BMBF-Förderprojekte wurden vorgestellt; Schwerpunkt wird zukünftig das Scale-up sein.

In seinem Beitrag „Anforderungen für eine Kreislaufwirtschaft bei Lithium-Ionen-Batterien“ beleuchtete Dr.-Ing. Christian Hagelüken, Umicore AG & Co. KG, Hanau-Wolfgang, welche Hürden es derzeit dabei noch gibt.  Zunächst nannte er in seinem sehr schönen Übersichtsvortrag den Rohstoffbedarf für Batterien und die Elektromobilität. Gerade letztere ist es, die eine erhöhte Nachfrage nach Batteriespeichern verursacht. Diese wiederum treiben den Metallbedarf vor allem an Co, Ni, Li und Mn drastisch in die Höhe. Zwar besteht dabei eine ausreichende geologische Verfügbarkeit, aber problematisch ist die Konzentration auf die Förderländer Kongo und China. Das Recycling bietet in zunehmendem Maße ein zusätzliches Potenzial wie es früher bei den Autocats zu beobachten war. Dr. Hagelüken betonte, dass für eine Kreislaufwirtschaft die Produktion marktfähiger, wieder einsetzbarer Rezyclate unerlässlich ist (Negativbeispiele: SLF, Fluff). Bereits heute  sei mit der Entwicklung entsprechender Geschäftsmodelle und den Aufbau entsprechender Rücknahme-, Reuse- und Recyclingstrukturen zu beginnen, auch wenn mit größeren Mengen an Altbatterien und Altfahrzeugen erst ab etwa 2025 zu rechnen ist.

Frau Sibylle Meyer, FairCup UG, Göttingen stellte ein Mehrweg-Pfandsystem mit hohen Nachhaltigkeitskriterien vor: „FairCup – ein Best Practice Beispiel für angewandte Kreislaufwirtschaft“. Entwickelt wurde ein in unterschiedlichen Größen herstellbarer Pfandbecher mit Pfanddeckel aus PE ohne Aufdruck, um ein stoffreines Recycling zu erzielen und damit ein Cradle-to-Cradle zu ermöglichen.  Der Becher ist von – 18 bis + 100 °C einsetzbar und bis zu 1000 mal wieder verwendbar. Im Hinblick auf das europäische Verpackungsverbot für Kunststoffe im Jahr 2021 dürfte diese Entwicklung weite Verbreitung finden, zumal der Becher ohne Aufdruck erkennbar und damit automatenfähig ist.

Fachspezifische Sitzungen

Am zweiten Konferenztag wurde den Teilnehmern wie in den früheren Konferenzen ein wissenschaftliches Programm in vier Sektionen mit über 40 fachspezifischen Vorträgen angeboten. Die Themenschwerpunkte hatten sich in diesem Jahr entsprechend den aktuellen Problemen etwas geändert

Kunststoffe

Metalle/Elektronikschrott

Batterien

Digitalisierung und Robotik

Im Rahmen des Berichtes können nur einige wenige, technisch orientierte Vorträge ausgewählter Themenschwerpunkte mit ihren Autoren stellvertretend kurz behandelt werden.

Sektion Kunststoffe

Nach wie vor passiert viel auf dem Gebiet des Kunststoffrecyclings, zumal die Vermeidung gerade dieses Abfalls aktuell nicht nur ein viel diskutiertes Thema ist, sondern Wege zu ihrer Realisierung gesucht werden. Die meisten der Vorträge zum Kunststoffrecycling  und zur Kreislaufführung von Kunststoffen kamen aus Forschungseinrichtungen, die innovative Lösungen entwickeln und so die Einführung in die Recyclingindustrie vorbereiten. Beispielsweise stellte Prof. Dr.-Ing. Bernd Meyer, TU Bergakademie Freiberg den aktuellen Stand und neue Entwicklungen zum chemischen Recycling von Kunststoffen dar. Er zeigte die technischen Grenzen des chemischen Recyclings auf, gab eine Übersicht über die unterschiedlichen Technologien (Vergasung, Pyrolyse, Solvolyse, Plasma- und Verölungs-Verfahren) und stellte einen verfahrenstechnischen Vergleich an. Daraus leitete er ab, dass kein einzelnes optimales Verfahren existiert. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich mehrere Verfahren am Markt etablieren werden – auf Grund der unterschiedlichen Abfallfraktionen und Zielprodukte sogar ohne unbedingten Konkurrenzdruck. Als Bewertungsmaßstab für die technologische Effizienz von chemischen Recyclingverfahren schlägt Prof. Meyer die sog. Kohlenstoff-Recyclingrate CRR (carbon recycling rate) vor, die die gesamte Recyclingkette einschließlich Nebenanlagen umfasst und sich aus dem Quotienten  Masse Kohlenstoff im Zielprodukt und Masse Kohlenstoff im Einsatzstoff ergibt.

Prof. Dr.-Ing. Gilian Gerke, HS Magdeburg-Stendal fragte nach der Recyclingfähigkeit neuer Materialien und diskutierte die Herausforderungen, die dabei an die Sortierbarkeit von Verbundmaterialien und Abfallmischfraktionen gestellt werden. Weitere vier Vorträge beschäftigten sich mit Sortiertechnologien von Kunststoffen. Beispielsweise  berichtete Frau  M. Sc. Franziska Meisel, TU Berlin darüber, wie optimale Partikelgrößen die Trennleistung hochwertiger Kunststoffe verbessern können (Beispiel Kunststoffe aus Elektro- und Elektronikgeräten) und Tobias C. Zisch REDWAVE, BT-Wolfgang Binder GmbH, Eggersdorf, Österreich, stellte für diesen Bereich unterschiedliche IR-basierte Sortiertechnologien vor.

Sektion Metalle/Elektro(nik)schrott

Eine breite Palette von Materialien und Verfahren wurden in den 11 Beiträgen dieser Sektion behandelt. Einerseits stand das nachhaltige Recycling (Beispiel:   Al-Getränkedosen – Tom Rosenhagen, Novelis Sheet Ingot GmbH, Stadt Seeland), andererseits die Analytik zur Beurteilung der Recyclingqualität (Beispiel: „Charakterisierung von Metallschrott durch Multi-sensor-Systeme“ – M. Sc. Max Kölking, FHS Münster) im Fokus der Beiträge. Es fehlte auch in diesem Jahr nicht an Vorträgen über innovative Aufbereitungsverfahren zur Schließung von Stoffkreisläufen. Beispielsweise zeigte Dr. Filipe Manjolinho Costa, CRONIMET Envirotec GmbH, Wolfen Bitterfeld die ökonomischen und ökologischen Vorteile der Anwendung von Vakuumdestillation und Brikettierung für Metallschlämme, -pulver und -stäube zur Nutzbarmachung der enthaltenen Metalle und Dr. mont. Stefan Luidold, Montanuniversität Leoben/Österreich berichtete über ein neues Verfahren zur hydrometallurgischen Verwertung von verunreinigtem Cu aus dem Elektronikschrottrecycling. Weitere Beiträge zu dieser Thematik kamen sowohl aus Forschungseinrichtungen (z. B. Frau Dr. rer. nat. Katrin Bokelmann, Fraunhofer Einrichtung IWKS Alzenau: „DISPLAY-Aufskalierung eines Prozesses zur Materialrückgewinnung aus Bildschirmgeräten und bestückten Leiterplatten“) als auch aus Unternehmen (z. B. Dipl.-Ing. Andreas Nolte, Aurubis AG Lünen: „CENELEC 50625 zertifiziertes Recycling von Elektro/nik) – Schrott bei Arubis“).

Sektion Batterien

Der Tatsache geschuldet, dass mit wachsender Elektromobilität vor allem Li-Ionen-Batterien in immer größeren Mengen gebraucht werden, aber gleichzeitig auch später als Altbatterien anfallen und verwertet werden sollen, bekam dieser Fachbereich in diesem Jahr eine eigenständige Sektion. Die enormen technischen Anforderungen, die angestrebten hohen Recyclingraten der Funktionsmetalle, Energieeffizienz und die Erzeugung marktfähiger Produkte, aber auch hohe Sicherheitsstandards und ökonomische Anforderungen erfordern auch weiterhin Forschungs- und Entwicklungsarbeiten. Noch existiert keine ausgereifte industrielle Recyclinganlage wie Moderator Dr. Hagelüken ausführte, aber in Deutschland läuft eine industrielle Pilotanlage mit einem Durchsatz von 7 000 t/a (Kombination Pyrolyse/Hydrometallurgie).

Die 11 Vorträge dieser Reihe befassten sich mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen, mit betrieblichen Anlagen zum Batterie-Recycling, den Risiken beim Umgang mit Li-Batterien und aktuellen Trends bei der Entwicklung von Batterien. Über „Aktuelle Trends in der Batterieentwicklung und die sich daraus ergebenden Herausforderungen für das Recycling“ referierte beispielsweise Prof. Dr.-Ing. Arno Kwade, TU Braunschweig und stellte die nächste Generation von Batterien vor, die in puncto Sicherheit und Materialsubstitution, damit auch Energieeffizienz und Kosten erhebliche Verbesserungen erwarten lassen. Eine wesentliche Erkenntnis ist, dass zukünftig mehrere Batterietechnologien auf dem Markt existent sein werden und eine Trennung vor dem Recycling eine zentrale Bedeutung haben wird.

Neben der Rückgewinnung der unterschiedlichen Materialien sind es immer wieder die hohen Sicherheitsstandards, die erforderlich sind, um einen gefahrlosen Betrieb der Recyclinganlagen zu gewährleisten und denen sich Forschung und Entwicklung widmen. Darüber berichteten u. a. Dr.-Ing. Dr. Reiner Sojka, ACCUREC Recycling GmbH, Krefeld („Sichere Aufbereitung von Li-basierten Batterien durch thermische Konditionierung“), Dipl.-Ing. Holger Kuhlmann, REDUX Recycling GmbH, Oberhausen („Sicherer Betrieb von Entsorgungsanlagen“) oder Prof. Dr. mont. Roland Plomberger („Brandrisiko durch Li-Ionen-Batterien: Sind unsere Anlagen noch versicherbar“).

Erwähnt werden soll auch der Beitrag von Frau Dipl.-Ing. Eva Gerold, der sich mit der „Pyrometallurgischen Aufarbeitung von Zwischenprodukten beim Batterierecycling“ befasste. Es wurde ein sehr aufwändiges Kombinationsverfahren  aus hydro- und pyrometallurgischen Verfahrensschritten gewählt, das einerseits zu gut verkaufsfähigen  Produkten führt, andererseits aber etliche  Zwischenprodukte erzeugt, die nicht vermarktbar sind. Der Vortrag wurde heiß diskutiert und zeigte die große Bandbreite an Schwierigkeiten auf, die es bei einem nachhaltigen, aber trotzdem ökonomischen Batterierecycling zu überwinden gilt.

Digitalisierung und Robotik

Diese eigenständige Sektion wurde geschaffen, da Digitalisierung und Robotik auch im Bereich des Recyclings bzw. der Kreislaufwirtschaft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Es gilt durch eine umfassende Informationserfassung die Effizienz der Re-cyclingprozesse zu erhöhen. Das zeigte beispielsweise M. Eng. Hendrik Poschmann, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Wolfenbüttel am Einsatz intelligenter Robotersysteme zur kollaborativen Demontage bei Elektro-Trajektionsbatterien („Robotergestützte Demontage als Treiber der Digitalisierung im Recycling der Zukunft“). Obgleich zum gegenwärtigen Stand der Technik in der Recyclingindustrie die technische Realisierung einer solchen Anlage auf Grund des hohen fachspezifischen Integrationsaufwandes nur mit höchstem Aufwand möglich ist, hofft man auf eine schnelle Überführung in die Praxis.  Welche Wege zur Optimierung der Herstellung von Schmelzlegierungen durch Digitalisierung und Vernetzung beschritten werden können, demonstrierte Prof. D. rer. nat. Johannes Gottschling, Universität Duisburg-Essen in seinem Beitrag „Cloudbasierter Rohstoffhandel unter besonderer Berücksichtigung datengetriebener Optimierung der Metallschmelze“.

Schlussbemerkungen

Trotz einiger Absagen von Moderatoren und Referenten infolge des Beginns der Corona-Krise ist es dem Veranstalter wieder gelungen, ein interessantes und äußerst vielseitiges Vortragsprogramm zu aktuellen Problemen der Sekundärrohstoff- und Recyclingthematik zusammenzustellen und kompetente Fachleute zu Wort kommen zu lassen. Dafür, dass die Konferenz noch reibungslos, aber dennoch mit Hinweisen auf ein angepasstes Verhalten stattfinden konnte und kurzfristige Veränderungen im Programm organisatorisch hervorragend abgefangen werden konnten, gebührt den Akteuren des Veranstalters besonderer Dank. Es zeigt die ganze Professionalität, mit der diese Tagung auch im 13. Jahr ihres Bestehens durchgeführt wird. Die Themenbereiche ähneln sich, Kreislaufwirtschaft, Recycling- und Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeit, werden auch zukünftig die Topics der Konferenz bleiben, dabei aber vor allem in dem fachspezifischen Teil von Jahr zu Jahr mehr oder weniger variieren. Elektromobilität, Entwicklung und Recycling von Batterien sowie Digitalisierung und Robotik waren in diesem Jahr wichtige Themen, die nicht nur den heutigen Stand der Forschung und Entwicklung aufzeigen, sondern auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen beleuchteten und ein realistisches Bild zur technischen Überführung von F/E-Ergebnissen und den wirtschaftlichen sowie organisatorischen Zwängen, die es dabei zu überwinden gilt, wiedergibt. Die Teilnehmerzahlen zeigten auch in diesem Jahr, das große Interesse an der Konferenz. Es bleibt zu hoffen, dass trotz des momentanen Stillstands der Wirtschaft und Forschung und der Auswirkungen der Corona-Pandemie auch die 14. Berliner Sekundärrohstoff und Recyclingkonferenz termingerecht im März 2021 stattfinden kann.

Die meisten Vorträge sind in „Recycling und Rohstoffe“ Bd. 13, ISBN 978-3-944310-51-0 Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH, Neuruppin 2020 enthalten oder über http://www.vivis.de/fachbuecher/recycling-und-rohstoffe/464-recycling-und-rohstoffe-band-13 abrufbar.

Autor: Dr. Brigitte Hoffmann
Consulting Kreislaufwirtschaft/Umweltschutz, Oberschöna
Kreislaufwirtschaft/Umweltschutz, Oberschöna
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