Die Grenzen des Textilrecyclings
Der weltweite Verbrauch an Kleidung und Textilien steigt wesentlich schneller als das Bevölkerungswachstum. Kleidung ist zu einer Wegwerfware geworden. Bei weniger als 1 % Recycling sprechen wir besser von Linear- und nicht von Kreislaufwirtschaft. In diesem Beitrag werden aktuelle Zahlen und Fakten dargestellt sowie Grenzen aber auch vielversprechende Möglichkeiten des Textilrecyclings aufgezeigt.
1 Einführung
Mode und Models, wer ist nicht fasziniert von der schönen Welt? Die Schattenseiten bekommen wir selten zu sehen, und doch sind diese alarmierend. Weniger als 1 % der weltweit produzierten Kleidung wird in einem geschlossenen Kreislauf zu neuen Fasern für die Bekleidungsindustrie aufbereitet (Bild 1). Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung der renommierten Ellen MacArthur Foundation für das Jahr 2015 [1]. Von den geschätzten 53 Millionen Tonnen (Mta) an Kleidung, die jährlich produziert werden, landen 73 % auf Deponien oder in der Verbrennung. 12 % werden zu anderen minderwertigen Produkten wie Isoliermaterialien und Putzlappen aufbereitet. Weitere 12 % gehen in der Produktion als Verschnitt verloren oder werden als unverkäuflicher Überbestand beseitigt. Allein 0,5 Mta oder fast 1 % der Menge gelangt jährlich durch das Waschen synthetischer Textilien als Mikroplastik in die Gewässer.
Nach Schätzungen werden weltweit insgesamt 99 Mta Textilien und Kleidung konsumiert. Bis zum Jahr 2050 werden 22 Mta neues Mikroplastik unsere Ozeane belasten, der Anteil der Textilindustrie an dem weltweiten CO2-Ausstoß wird von 2 % auf 26 % steigen und anstelle von 98 Mta Rohöl in 2015 werden von der Textilindustrie etwa 300 Mta verbraucht. Was die Sache noch bedenklicher macht, sind die Umweltverschmutzungen und der Ressourcenverbrauch, die momentan und künftig mit der Textilindustrie einhergehen. Baumwollkleidung, die ja als besonders natürlich und gesund gilt, benötigt derzeit für den Baumwollanbau weltweit 0,2 Mta Pestizide und 8 Mta Düngemittel. In Indien werden bereits 50 % aller Pestizide für die Baumwollproduktion eingesetzt. Für 1 kg Baumwolle bzw. eine Jeans werden durchschnittlich 20 000 l Wasser benötigt. Die Textilproduktion benötigt insgesamt 4 % des weltweiten Frischwasserverbrauchs.
2 Veränderungen im Konsumverhalten
Der weltweite Verbrauch an Textilien steigt schneller als das Bevölkerungswachstum. Bild 2 zeigt die Entwicklung der Weltfasererzeugung seit dem Jahr 1980. Der Bedarf wird von etwa 30 Mta in 1980 auf 130 Mta in 2025 ansteigen. Dies entspricht einem Wachstum von über 400 % bzw. einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 4,3 %. Im selben Zeitraum wächst die Weltbevölkerung lediglich um 1,7 %. Was die Situation noch verschärft, ist der rapide Anstieg des Kleidungsbedarfs in den letzten 10 Jahren. Nahezu 95 % des künftigen Wachstums entfällt auf Polyester und ein kleiner Anteil auf Polypropylen- und Zellulosefasern. Die Baumwollmengen sind in etwa konstant, die von Wolle sogar abnehmend. Jährlich werden derzeit etwa 100 Mrd. Kleidungsstücke weltweit erzeugt, mehr als benötigt werden.
Mode ist schnelllebig. Bis zu 24 neue Kollektionen bringen führende Modeunternehmen jährlich auf den Markt. T-Shirts für 3 €, Jeans für 11 €, das Billig-Konzept der Modebranche funktioniert. Mode in der westlichen Welt bedeutet Fast-Fashion und Billigangebote. Weltweit hat die Nutzung eines Kleidungsstücks um 36 % in den letzten 15 Jahren abgenommen (Bild 3). In China wird ein Kleidungsstück z.B. nicht mehr 200-mal getragen, sondern nur noch 62-mal. In den USA lag dieser Wert schon früher bei unter 50 und hat seitdem auf etwa 40 abgenommen [1]. Bei jungen Kunden ist Mode teilweise zum täglichen Konsumartikel geworden. Handelsketten wie Primark profitieren von diesem Boom. Die andere Seite der Medaille: Mode degeneriert zu einem Wegwerfartikel.
In der europäischen Union (EU) entfallen durchschnittlich 5 % der Ausgaben privater Haushalte für Schuhe und Kleidung. Über 90 % davon wurden aus Ländern außerhalb Europas importiert nach 33 % im Jahr 2004. 2016 wurden nach Schätzungen der EU 6,4 Mta neue Kleidung bzw. ca. 12,7 kg pro Verbraucher erworben. Die europäische Umweltbehörde (EEA) schätzt, dass der Kleidungsverbrauch in der EU von 1996 bis 2012 um 40 % gestiegen ist. Mehr als 30 % der Kleidung wurde nicht mehr länger als 1 Jahr getragen. Baumwolle nimmt in der EU nach einem Bericht des European Clothing Action Plan (ECAP) aus dem Jahr 2015 noch die führende Rolle mit 43 % der Materialien ein, 16 % entfallen auf Polyester, 20 % auf andere synthetische Stoffe wie Polyamid, Nylon und Acryl, 9 % auf Wolle, 3 % auf Seide/Leinen und 9 % auf andere Stoffe (vornehmlich Viskose).
Weltweit und insbesondere in Ländern mit hoher Kaufkraft ist festzustellen, dass die Nutzungsphasen für Bekleidungsartikel infolge des Fast-Fashion Trends, des Preisverfalls, schlechteren Qualitäten und neuen Tragegewohnheiten inzwischen so kurz werden, dass man bei Kleidung von einer Wegwerfware sprechen kann. Die Gründe zum Wegwerfen sind mannigfaltig. In einer Haushaltsbefragung in Großbritannien im Jahr 2016 gaben die Personen an, Kleidung wird aussortiert, weil sie in 42 % der Fälle nicht mehr passt, in 26 % der Fälle schlicht unmodern ist, in 19 % verschlissen oder beschädigt ist, in 7 % nicht mehr gebraucht wird und in 6 % aus anderen Gründen aussortiert wird, weil sonst z.B. im Kleiderschrank für Neues kein Platz mehr ist. Interessent ist in diesem Zusammenhang auch der Trend zu Einmal-Kleidung, wie Schutzkleidung aber auch im Bereich der Mode.
3 Recycling-Strategien für Textilien
Etwa 95 % der gebrauchten (End-of Use = EoU) Textilien und Kleidungsstücke sind recycelbar. Vieles, was in Sammelcontainern landet, wurde vorab noch einmal gewaschen, unter der Vorstellung, dass die Kleidung im Second-Hand-Markt landet. Doch die Realität sieht möglichweise anders aus. In den USA beispielsweise wurden nach aktuellen Zahlen der dortigen Umweltbehörde EPA für 2015 jährlich 16 Mta Textilien aussortiert und entsorgt. Ein durchschnittlicher US-Amerikaner kommt jährlich auf 36,3 kg EoU-Textilien, dies ist weltweit der Spitzenwert. Doch nur ein geringer Teil wird recycelt (Bild 4). Während die Gesamtentsorgungsmengen von 2,04 Mta im Jahr 1970 auf 16,03 Mta im Jahr 2015 gestiegen sind, betragen die Recyclingmengen nur 0,005 Mta (3 %) im Jahr 1970 und 2,45 Mta (15 %) im Jahr 2015. Die Deponierungsmengen sind dagegen von 1,97 Mta auf 10,53 Mta gestiegen.
In der EU sucht man vergeblich nach allgemein zugänglichen Zahlen für EoU-Textil- bzw. Kleidungsabfälle. In den EU-Statistiken sind diese in den Haushalts- und Gewerbeabfällen enthalten, werden aber nicht weiter spezifiziert. Schätzungen gehen davon aus, dass diese bis zu 16 Mta betragen. Die Sammelmengen für Kleidung und andere Heimtextilien in der EU sind von Land zu Land sehr unterschiedlich und reichen von unter 10 % bis zu 75 %. Entsprechend variieren auch die als Abfall gekennzeichneten Mengen. Von den Sammelmengen, die nicht in den Abfallmarkt gehen, wird etwa die Hälfte der Weiterverwendung bzw. dem Secondhand-Markt zugeführt und die andere Hälfte geht in die Aufbereitung und Weiterverarbeitung zu minderwertigeren Produkten (Isoliermaterial, Putzlappen usw.) oder in die thermische Verwertung.
Bild 5 zeigt die wichtigsten Exportländer für Secondhand-Kleidung. Die TOP 10 wird angeführt von den USA mit 18 % Marktanteil, gefolgt von Deutschland mit 12 % und Großbritannien mit 8 %. Die Länder der EU kommen auf insgesamt 40 % Marktanteil, Südkorea hat 7 % Marktanteil, Japan hat 6 % und China nur 3 %. Immer mehr Länder in Ostafrika wie Äthiopien, Uganda, Tansania und Ruanda sowie Indien wehren sich gegen den Handel mit Secondhand-Kleidung, weil dies den Aufbau der heimischen Textilindustrie blockiert. Bis 2019 sollten Secondhand-Kleidung und gebrauchte Schuhe von den Märkten verbannt werden, doch die USA intervenierten und drohten den Staaten, sie aus dem AGOA Wirtschaftsabkommen auszuschließen. Nach einer Einigung mit den Staatschefs der Länder ist das Importverbot jetzt erst einmal vom Tisch.
Es ist aber abzusehen, dass mittelfristig ein Importverbot in mehreren Ländern kommt. Für Europa bedeutet das, dass die Altkleidercontainer und die Läger weiter überquellen, wie es bereits in jüngster Zeit erfolgt ist. Zusätzlich wird das Thema in Europa durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz und die Abfallrahmenrichtlinie verschärft, wonach der Anteil des deponierten Hausmülls in den Staaten bis 2035 nicht mehr als 10 % betragen darf. Entsprechend sind alle beteiligten Marktteilnehmer und Konsumenten an die fünfstufige Abfallhierarchie gehalten:
1. Vermeidung (Verzicht, hochwertige Textilien, Reparatur)
2. Vorbereitung zur Wiederverwendung (Kontrolle, Reinigung, Sortierung)
3. Recycling (stoffliche Aufbereitung)
4. Sonstige Behandlung (energetische Verwertung usw.)
5. Beseitigung (unterschiedliche Praxis in den Ländern)
Das Recycling von Kleidung und Textilien sollte auf verschiedenen Stufen erfolgen, um den optimalen Materialnutzen zu gewährleisten (Bild 6). Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Secondhand-Vermarktung kein Teil des Recyclings ist, sondern der Weiterverwendung zuzurechnen ist [1]. Das Recycling beginnt bei der Nutzung von Stoffen für neue Kleidungstücke. Dies wird als Re-Manufacturing bezeichnet. Hier gibt es zahlreiche Initiativen von den großen Modeunternehmen (Bild 7). Die nächste Stufe ist die Gewinnung von Garnen, was aber auf relativ wenig Kleidung bzw. Stoffreste beschränkt ist. Für das Recycling von Fasern sind die Stoffe hinsichtlich der Materialeigenschaften und Farben zu sortieren. Bei der Polymerisation werden die Fasern schließlich aufgelöst, die chemische Struktur bleibt aber erhalten. Man unterscheidet dabei die Polymerisation über ein mechanisches oder chemisches Recycling.
4 Zahlen und Fakten
4.1 Weltweit
Für die globalen Zahlen zur Wiederverwertung von Textilien und Kleidung liegen nur Schätzungen vor. Im dem „Pulse of The Fashion Industry“ Bericht [2] wird derzeit von jährlichen Mengen von 99 Mta an Textilien und Kleidung ausgegangen sowie 92 Mta an gebrauchten Textilien und Kleidung zur Wiederverwertung bzw. Entsorgung. Von RESYNTEX wurden für das Jahr 2015 Zahlen von weltweit 75 Mta gebrauchten Textilien genannt, 20 % davon bzw. 60 Mta landen auf Deponien oder in der Verbrennung [3]. Von den verwerteten Textilien gehen 60 % in eine Weiternutzung als Secondhand-Produkte und 40 % gehen in das Recycling (Bild 8). Von den Secondhand-Produkten sind allerdings nur 10 % in gutem Zustand, von den 40 % Recyclingmengen entfallen 15 % auf Putzlappen, 14 % auf Fasern, 8 % auf andere Nutzungen und 3 % auf Abfall.
4.2 Europaweit
Für Europa liegen ebenfalls nur Schätzwerte vor. Eine Abschätzung durch GFA (Global Fashion Agenda) und BCG (Boston Consulting Group) kommt zu dem Ergebnis, dass der Gebrauchttextilmarkt im Jahr 2015 eine Größe von 4 Mrd. € hatte im Vergleich zu 165 Mrd. Umsatz der Textil- und Bekleidungsindustrie. Letztlich werden nur insgesamt 18 % der Bekleidung wiedergenutzt oder recycelt (Bild 9). 54 % der verfügbaren Kleidung wird jedes Jahr als EoU aussortiert und entsorgt. Davon gelangen 20 % in die Sammlung und Sortierung und 80 % ! in den Müll. 70 % dieses Kleidungsmülls gelangt auf Deponien und 30 % in die Verbrennung. Von den sortierten Mengen gehen auch 10 % in den Müll, 40 % werden im Secondhand-Markt verwertet und 50 % werden recycelt, wobei die Hauptmenge zu minderwertiger Ware (Putzlappen, Isoliermaterial etc.) verarbeitet wird.
Bild 10 zeigt für ausgewählte Länder in der EU den spezifischen Kleiderverbrauch und die spezifischen Kleidersammelmengen in kg pro Kopf [3]. Die Vergleichszeiträume sind mit 2010 (UK) und 2016 (FR) recht unterschiedlich. Großbritannien und Deutschland kommen auf die größten absoluten und relativen Kleiderverbrauchsmengen mit 1,693 Mta und 1,347 Mta bzw. 26,7 kg/Kopf und 16,7 kg/Kopf. Auf die niedrigsten relativen Verbrauchsmengen kommen Frankreich (9 kg/Kopf) und Schweden (12,6 kg/Kopf). Bei den Sammelmengen haben Deutschland und Großbritannien mit 12,5 kg/Kopf und 11,0 kg/Kopf die Nase vorn, auf dem letzten Rang liegt Italien mit 2,2 kg/Kopf. Bei den daraus ermittelten Sammelraten liegt Deutschland mit 75 % weit vorn – auch vor Dänemark (46 %) und Großbritannien (41 %). Italien erreicht dagegen nur 15 %.
Die Textil- und Bekleidungsabfallmengen in der EU28 wurden von 4,4 Mta im Jahr 2004 auf 3,0 Mta im Jahr 2012 reduziert. Die spezifischen Mengen sanken von 8 kg/Kopf auf 6 kg/Kopf bzw. um 25 % (Bild 11). In den meisten Ländern insbesondere in Süd- und Osteuropa wurden infolge höherer Sammel- und Verwertungsmengen die pro-Kopf-Abfallmengen drastisch reduziert. In den beiden größten Verbrauchsländern Großbritannien und Deutschland stiegen die Abfallmengen aber von 9 auf 19 kg/Kopf und von 2 auf 4 kg/Kopf, was mit prozentualen Anstiegen von 375 % bzw. 100 % einhergeht. Der Grund für diese Anstiege sind die zunehmenden Wegwerftrends bei gleichzeitig schon relativ hohen spezifischen Sammelmengen.
4.3 Deutschland
Die aktuellste Untersuchung zum Textilrecycling, die für Deutschland verfügbar ist, stammt aus dem Jahr 2015 mit Basisdaten für 2007 und 2013 [4]. Die Studie wurde von dem Institut für Aufbereitung und Recycling der RWTH Aachen im Auftrag des Fachbereichs Textilrecycling (FTR) des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) erstellt. Die wichtigsten Daten dieser Studie sind in Tabelle 1 dargestellt. Demnach sind die Verbrauchsmengen an Heimtextilien und Kleidung in Deutschland um 20 % von 1,126 Mta im Jahr 2007 auf 1,347 Mta gestiegen, während das Sammelaufkommen um 35 % von 0,75 Mta auf 1,011 Mta angewachsen ist (Bild 12). Der größte Wachstumsmotor bei der Sammlung ist die Containersammlung.
Von 2007 auf 2013 haben insbesondere die Wiederverwertung (Secondhand) von 0,323 Mta auf 0,546 Mta und die Weiterverwendung (Putzlappen) von 0,120 Mta auf 0,212 deutlich zugenommen, während die Wiederverwertung (stofflich und thermisch) mit 0,233 Mta konstant geblieben ist. Bei der Wiederverwertung ergab sich im Jahr 2013 bereits das Problem, dass für 12 % Ware keine Abnehmer gefunden werden konnten, und anstelle von 0,667 Mta nur 0,546 Mta der Wiederverwertung zugeführt werden konnten. Nach aktuellen Informationen durch den bsve hat sich die Situation in den letzten Jahren noch verschärft, da die Modeindustrie mit häufig wechselnden Kollektionen zunehmend qualitativ minderwertige Materialmix-Bekleidung auf den Markt wirft. So ist bei Altkleidern ein Preisverfall von 0,45 €/kg auf unter 0,35 €/kg festzustellen. Experten sprechen von einem stockenden Absatz und vollen Lägern.
5 Technologieansätze
Beim Textilrecycling gibt es den Begriff „Zum Putzlappen reicht es immer“. Doch Fasern hochwertig zu recyceln ist schwierig und vor allem kostspielig. In Bild 13 sind die wichtigsten Recyclingmöglichkeiten schematisch dargestellt. Jede Form des Recyclings beginnt mit der Sortierung. Anschließend werden die Materialien dahingehend aufbereitet, ob ein sogenanntes „Closed-Loop Recycling“ erfolgen soll, d.h. dass die Stoffe wieder in der Textilindustrie verwendet werden sollen, oder ob nur ein „Open-Loop Recycling“ möglich ist, d.h. dass die Stoffe in anderen Industrien zum Einsatz kommen. Eine der ältesten Techniken ist die Versorgung von Papiermühlen mit textilen Rohstoffen. Doch Reißwollfabriken spielen heute keine Rolle mehr in der Rohstoffversorgung der Papierindustrie und Baumwolle, Hanf und Flachs werden nur noch für wenige Spezialpapiere eingesetzt.
Die Herausforderungen bestehen heute insbesondere darin, den Anteil des Closed-Loop-Recycling signifikant zu erhöhen. Als eine gangbare Lösung wird das I:CO Take-back System von I:Collect angesehen. Das Unternehmen aus dem schleswig-holsteinischen Ahrensburg ist ein globaler Dienstleister für die In-Store-Sammlung, die Wiederverwendung und das Recycling gebrauchter Textilien und Schuhe. Das weltweite I:CO Take-back System ist in seiner umfassenden Form einzigartig in der Textilindustrie und nach seiner Markteinführung im Jahr 2009 bereits bei vielen Unternehmen erfolgreich in zahlreichen Ländern im Einsatz. Zu den Partnern gehören Unternehmen wie Adidas, C&A, H&M, Levi’s und Timberland. H&M hat beispielsweise seine Sammelmengen (Bild 14) seit 2012 auf über 20 000 t gesteigert bzw. auf einen Recyclinganteil von 1,4 %. Für das Jahr 2020 werden 25 000 t angepeilt. Die Kunden erhalten bei der Abgabe in den Läden ein Incentive.
Für die Logistik, Sortierung und Zuführung der Rücknahmeware zu verschiedenen Kreisläufen ist I:Collect bzw. deren Aufbereitungspartner SOEK verantwortlich. Das Unternehmen betreibt in Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt eine moderne Sortier- und Aufbereitungsanlage für 300 Tagestonnen. Etwa 70 % der Materialmengen gehen in die Wiederverwertung, 15 % werden zu Putzlappen verarbeitet, und 15 % der Alttextilien und Schuhe, die aus Qualitätsgründen nicht verkaufbar sind, werden zu vielfältigen Sekundärrohstoffen aufbereitet (Bild 15). In der Recyclinganlage werden jährlich im 24/7-Betrieb Alttextilien mechanisch zu ausgesuchten Sekundärrohstoffen (Reißfasergemische) gerissen und so z.B. als Industrieflies oder Isoliermaterial recycelt. Schuhe werden in ihre ursprünglichen Bestandteile wie Gummi, Leder und Textilstoff zerlegt und ebenfalls als Sekundärrohstoff weiterverwertet.
Das schwedische Unternehmen RE:newcell geht noch einen Weg weiter. Dort werden Kleidungsstücke mit hohem Zelluloseanteil (Baumwolle und Viskose) recycelt. In ihrer Anlage in Kristinehamn (Bild 16), 225 km westlich von Stockholm, werden jährlich 7000 t bioabbaubarer Zellstoff hergestellt. Die daraus neu hergestellten Kleidungsstücke können sich sehen lassen (Bild 17). Die Aufbereitung der Kleidung umfasst ein Shredding, die Entfernung von Störstoffen (Knöpfe, Reißverschlüsse, Nieten), eine Entfärbung und die anschließende chemische Zellstoffgewinnung. Der Produktionsprozess vollständig mit Altkleiderabfall ist kostengünstig im Vergleich zu der Zellstoffgewinnung aus Holzfasern, hat aber im Gegensatz zu großen Anlagen noch Nachteile im Economy of Scale.
6 Ausblick
I:CO und RE:newcell sind nur Beispiele dafür, was heute technisch und wirtschaftlich beim Recycling von Textilien möglich ist. Die Beispiele ließen sich in einer langen Liste fortsetzen. HKRITA, ein Forschungsinstitut in Hongkong beschäftigt sich mit einer Lösung zum Recycling von Mischgeweben durch ein innovatives hydrothermisches Verfahren. Die Londoner Firma Worn Again Technologies arbeitet an einem Pionierverfahren zur Aufbereitung von Baumwoll/Polyester-Gemischen. Oder nehmen Sie die Aktivitäten der US-amerikanischen Aquafil zur Regeneration von Nylon. Unternehmen, die sich anderen innovativen Textiltechnologien für mehr Nachhaltigkeit beschäftigen, sind beispielsweise die Schweizer Schoeller Textil AG oder die österreichische Lenzing Gruppe. Dennoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass bisher weniger als 1 % Textilfasern im „Closed-Loop“ recycelt werden und damit der Weg zu einer Kreislaufwirtschaft noch weit ist.