„Einen völlig störstofffreien Bioabfall wird es wahrscheinlich nie geben!“
Kritisch lässt Hubert Seiringer seinen Blick über die perfekt aufgereihten Kompostmieten schweifen. Den schneebedeckten Gipfel des Ötschers, der idyllisch in der Ferne erstrahlt, nimmt er dabei gar nicht wahr. Sein Fokus liegt auf den bunten Kunststofffolien, glänzenden Metallen und anderen Störstoffen, die aus den braunen Bergen hervorragen.
So wie andere Kompostanlagenbetreiber hat auch der Wieselburger (Niederösterreich) mit den Fehlwürfen im angelieferten Bioabfall zu kämpfen. Als engagierter Kompostanlagenbetreiber setzt er sich intensiv mit solchen Herausforderungen aber auch mit den Trends der Branche auseinander. Im Gespräch mit IFE redet er offen darüber und betont dabei immer wieder, dass hochwertige Aufbereitungstechnik einer der Schlüsselfaktoren für einen erfolgreichen Betrieb sei.
IFE: Herr Seiringer, Sie beschäftigen sich schon seit über 30 Jahren intensiv mit dem Thema Kompost. Was fesselt Sie so daran?
Hubert Seiringer: Die Natur kennt keinen Abfall, sondern nur Nährstoffe für neues Leben. Zurecht wird hochwertiger Kompost als schwarzes Gold bezeichnet und egal ob im privaten Garten oder in der Landwirtschaft, unsere Böden brauchen dringend Humus und Nährstoffe, um wieder gesunde und hochwertige Lebensmittel zu produzieren.
IFE: Vor welchen Herausforderungen stehen Kompostanlagenbetreiber heute?
Hubert Seiringer: Vor 30 Jahren wurde der gesamte Müll in Deponien entsorgt, mit problematischen Folgen für unsere Umwelt. Obwohl heute bereits rund 1 Mio. t Bioabfall in Österreich getrennt gesammelt wird, ist im Restmüll noch immer 1/3 Bioabfall enthalten und wird verbrannt. Ich sage immer, wir verbrennen Erde und Wasser und somit den fruchtbaren Boden unserer Kinder.
Wir müssen zeitgemäße Wege finden, den wertvollen Bioabfall möglichst sortenrein in die Biotonne zu bringen, um damit hochwertigen Kompost produzieren zu können. Störstoffe gehören soweit wie möglich vermieden. Für die dennoch verbleibenden Störstoffe brauchen wir eine möglichst effiziente Technik, um den Kompost davon befreien zu können.
IFE: Demgegenüber stehen aber wachsende Qualitätsansprüche der Abnehmer an den Kompost. Wie lässt sich Kompost so noch gut verkaufen?
Hubert Seiringer: Kompost kann nur dann langfristig gut vermarktet werden, wenn die Pflanzenverträglichkeit gut ist und Störstoffe auf ein absolutes Minimum reduziert sind. Neben einer sauberen Biotonne, ist hier eine moderne und besonders effiziente Kompost-Aufbereitungstechnik unerlässlich.
Störstoffe am Beginn der Kompostierung raus zu holen, ist technisch und arbeitsrechtlich nahezu unmöglich. Der Kompostprozess muss so schonend wie möglich ablaufen, und die Siebung muss mit einer verlässlichen und effizienten Aufbereitungstechnik kombiniert werden. Nur so kann eine gute Kompostvermarktung sichergestellt werden.
IFE: Wohin geht also der Trend in der Kompost und Erden Vermarktung?
Hubert Seiringer: Egal ob am Balkon, in der Großstadt oder im eigenen Gemüsegarten. Gartl’n und Selbstversorgung mit hochwertigen, frischen Lebensmitteln gewinnt mehr an Bedeutung. Dazu braucht es hochwertige, störstofffreie Bio-Erden, die es auch dem Einsteiger ermöglichen, Spaß am Gartl’n und dem eigenen Gemüse zu haben.
IFE: Dieses neue Bewusstsein scheint sich jedoch nicht bei der Sammelqualität der Grün- und Bioabfälle zu äußern.
Hubert Seiringer: Wollen wir den wertvollen Bioabfall nicht durch den Kamin der Müllverbrennung verlieren, sondern als wertvollen Kompost wieder auf unsere Böden bringen, dann braucht es eine möglichst saubere Bioabfallsammlung. Auf die verbleibenden Fehlwürfe müssen wir mit entsprechender Technologie reagieren.
IFE: Wie greift der Gesetzgeber diese Themen auf?
Hubert Seiringer: In Österreich werden in der Kompostverordnung seit 2001 zum Beispiel schon Grenzwerte für Störstoffe in Kompost definiert. Eine Verschärfung dieser Verordnung ist jedoch absehbar. Auch in Deutschland wird derzeit eine Novelle der Bioabfallverordnung heftig diskutiert. Der aktuelle Entwurf sieht vor, dass Bioabfälle vor der Behandlung nicht mehr als 0,5 % Störstoffe aufweisen.
IFE: Wie beurteilen Sie diese Maßnahmen?
Hubert Seiringer: Es ist jedenfalls richtig bereits beim Ursprung anzusetzen. Das bedeutet aber, dass alle, die mit der Bioabfallsammlung zu tun haben, verantwortlich sind. Der Kompostanlagenbetreiber steht hier am Ende der Kette. Daher muss dieser Teil der Verantwortung an die Abfallerzeuger und an die Sammler und nicht an die Verwerter übertragen werden.
Investitionen in hochwertige Aufbereitungstechnik und entsprechende Zertifizierungen werden dennoch für Kompostanlagenbetreiber unumgänglich sein – nicht nur um neuen gesetzlichen Umweltschutzmaßnahmen zu entsprechen, sondern damit auch die wachsenden Qualitätsansprüche der Abnehmer erfüllt werden können.
IFE: Wie würden Sie abschließend den Ausblick der Kompost-Branche beschreiben?
Hubert Seiringer: Die Kompostbranche steht im wahrsten Sinn des Wortes auf fruchtbarem Boden. Nur wenige Branchen können von sich behaupten, für eine lebenswerte Welt einen so guten Beitrag leisten zu können. Wir machen das seit 30 Jahren mit großer Begeisterung und Überzeugung.