Recycling von Polyethylen

Indonesische Pan Era-Gruppe investiert in österreichische MAS-Recyclingtechnik

Obwohl Kunststoffe seit mehr als 100 Jahren in größerem Umfang eingesetzt werden, werden sie im Gegensatz zu Metallen, Glas oder Papier nur sehr zögerlich als Wertstoffe wahrgenommen, deren Wiederverwertung sich lohnt. Noch viel zu oft landen Kunststoffprodukte nach dem Gebrauch auf einer Deponie oder werden thermisch verwertet. Erst die Erkenntnis, dass Kunststoffe so hochwertig und langlebig sind, dass sie nicht von alleine verschwinden, wenn sie in der Umwelt landen, hat zu einem Umdenken geführt. So auch in Indonesien, wo sich die Pan Era-Gruppe auf das Recycling von Polyethylen und die Herstellung von Tragtaschen und Verpackungsbeutel daraus spezialisiert hat. Pan Era setzt dabei auf hohe Technikstandards und hat sich nach umfangreichen Vorversuchen für eine Recyclinglinie der österreichischen Extrusionstechnik-Unternehmens MAS entschieden.

Das indonesische Familienunternehmen Pan Era mit der Zentrale in Nord-Jakarta ist eine Unternehmensgruppe, die in verschiedenen Geschäftsbereichen tätig ist. Einer ist das Recycling von Endverbraucher-Kunststoffabfällen und deren Verarbeitung zu Folienprodukten. Die Gründung des Unternehmens geht auf das Jahr 1989 zurück, als sein Gründer begann, verschiedene Arten von Plastikmüll zu schreddern und zu waschen, und damit zu einem lokalen Pionier auf diesem Gebiet wurde.

Das Unternehmen stellte dann Recycling-Granulate her und begann 1997 mit der Produktion von Kunststoffbeuteln und Verpackungsfolien aus recyceltem Material. Seither blieb das Unternehmen seinen Wurzeln treu und verwendete dafür stets recyceltes Material. Aktuell werden mehr als 95 % der von der Pan Era Gruppe produzierten und verkauften Plastikbeutel zu mindestens 80 % aus recyceltem Material. Und Pan Era ist dabei zum Marktführer geworden und erzeugt die gefragtesten Produkte in diesen Marktsegment.

Nach Jahren des anhaltenden Wachstums expandierte das Unternehmen 2011 nach Cikarang in der Provinz West-Java. Derzeit ist diese Anlage eine der renommiertesten Recyclinganlagen in der Region und wird von vielen Besuchern gelobt, wie Wilson Pandhika, Direktor von Pan Era, bestätigt (Bild 1).

Derzeit unternimmt die Pan Era-Gruppe einen ihrer bislang ehrgeizigsten Wachstumsschritte, konkret die Errichtung einer weiteren Kunststoffrecyclinganlage in Cikande. Die neue Anlage wird voraussichtlich eine der größten Recyclinganlagen für Polyethylen in Südostasien sein (Bilder 2 bis 4). An diesem neuen Standort setzt die Pan Era Gruppe auf österreichische Recyclingkompetenz und hat bei MAS eine ES-Compound-Extrusionslinie mit einer Leistung von 1000 kg PE pro Stunde bestellt.

Das „Plus“ der MAS-Extrusionstechnik: Die Polymer-schonende Plastifizierweise

MAS steht für innovative Extrusionstechnik, insbesondere die konischen Doppelschnecken-Extruder mit gleichlaufenden Schnecken. Sie sind in sechs Baugrößen vom Laborextruder MAS 24 mit 10 kg PE Stundenleistung bis zum Hochleistungsextruder mit mehr als 2000 kg/h Ausstoß lieferbar. Ergänzt wird das Angebot um die CDF-Schmelzefilter mit sehr leistungsfähigen, rotierenden Scheibenfiltern und die DRD-Zentrifugalreiniger zur Vorbehandlung von Eingangsmaterialien, insbesondere zur Trocknung und wasserlosen Feststoffabscheidung.

Durch die gleichrotierenden Schnecken bieten die konischen MAS-Extruder ein verfahrenstechnisches Eigenschaftsprofil, das sie für komplexe Recycling- und Compoundieraufgaben prädestiniert. Dabei hervorzuheben ist die sehr gleichförmige, auf einem vergleichsweise niedrigen bis mittleren Druck- und Scherungsniveau ablaufende Plastifizierung. Dem entsprechend belegen Messungen der physikalischen Produkt-Kenndaten, dass die Qualitätsdaten des Eingangsmaterials nach der Verarbeitung auf MAS-Extrudern maximal erhalten bleiben, was sowohl für Recyclinganwendungen, als auch Compoundieraufgaben von entscheidender Bedeutung ist. Zur Feinabstimmung auf spezielle Einsatzfälle können die Schnecken durch ihren modularen Aufbau bei Bedarf durch den Austausch einzelner Segmente unkompliziert und schnell angepasst werden.

Ein weiterer Vorteil ist der systemspezifisch große Querschnitt der Aufgabeöffnung am Extruder, der den Einzug von Materialien mit geringem Schüttgewicht begünstigt, wie es beispielsweise Recycling-Flakes oder faser- und pulverförmige Zuschlagsstoffe in der Compoundiertechnik sind.

MAS-ES-Compounder zur mehrstufigen Schmelzereinigung mittels Entgasung

Die Anforderungen der Pan Era-Gruppe bestanden darin, aus gemischten Post-Consumer-Abfällen auf möglichst direktem Weg eine farblose, geruchs- und Partikel-freie HDPE-Qualität produzieren zu können, die zu Verpackungsfolien weiterverarbeitet werden kann.

Dazu der Area Sales Manager von MAS, Jürgen Morosz: „Die Herausforderung war, das Inputmaterial in seiner Zusammensetzung und seinen Verschmutzungsgrad und die zur Verarbeitung notwendige Anlagenkonzeption vorab richtig einzuschätzen. In enger Zusammenarbeit mit dem Kunden haben wir nach einer Reihe von repräsentativen Materialtests eine verfahrenstechnische Lösung gefunden, die das Potenzial des MAS-Extruders optimal nutzt. Die Lösung war bzw. ist ein, aus unserer ES-Compounder-Extruderkaskade abgeleitetes, Anlagenkonzept. Es besteht aus einem Einschneckenextruder zum Schmelzen und Plastifizieren der gewaschenen und getrockneten PE-Flakes und einer nachfolgenden CDF 500-D-Doppelscheibenfiltereinheit aus unserem Lieferprogramm, bei der Partikel mit einer Feinheit von 130 μm zurückgehalten und getrennt werden. Der so gereinigte Materialstrom wird dann dem konischen MAS-Doppelschneckenextruder durch Side-Feeding im Bereich der Einzugszone zugeführt. Aber das war nicht genug der Reinigung. Es galt noch, die in der Schmelze enthaltenen Druckfarben-Rückstände und die Geruchsemissionen bestmöglich zu entfernen. Um diese Verunreinigungen zu beseitigen, haben wir die Einzugsöffnung des Doppelschneckenextruders zur Entgasungszone umfunktioniert und eine Vakuumeinheit hinzugefügt, mit der die flüchtigen Schmelzkomponenten sehr effizient abgesaugt werden können. Von der Einzugszone wird die Polymerschmelze weiterbefördert, dabei schonend komprimiert und homogenisiert, bis sie schließlich eine zweite Entgasungszone als zweite Reinigungsstufe erreicht (Bild 5). Anschließend passiert sie auf dem Weg in die Granuliereinheit eine In-line-MFI-Messstation, deren Messdaten die Richtwerte für die Produktion vorgeben.“

Damit konnte die Erwartungen der Pan Era-Gruppe erfüllt und die Projektausschreibung gewonnen werden. Als zusätzlichen Bonus bietet das MAS-Anlagenkonzept aber auch das zwar vorerst nicht genutzte, aber dennoch vorhandene, Potenzial zum Up-Cycling durch das Compoundieren an, das die eigentliche Kerneigenschaft der ES-Compounder-Anlagen ist. Dazu muss lediglich die Einzugszone des MAS-Doppelschneckenextruders mit einer Vakuumschleuse kombiniert werden, über die pulverförmige Zuschlagstoffe, wie Talkum oder Kalziumkarbonat, aber bei Bedarf auch Glasfasern zudosiert werden können, ohne dass dafür zusätzliche Side-Feeder-Einheiten erforderlich wären. Dadurch stehen Pan Era alle Möglichkeiten zur Ausweitung des r-HDPE-Programms um Materialvarianten für technische Anwendungen offen.

www.mas-austria.com

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