Müllvolumen an deutscher Forschungsstation GARS O‘Higgins um 80 % reduziert
Wer an der Forschungsstation GARS O’Higgins arbeitet, die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in der Antarktis betrieben wird, ist oft monatelang von der Außenwelt abgeschnitten: Die unwirtlichen und vor allem im Winter extremen Witterungsbedingungen erlauben größere Transporte nur in den Sommermonaten – das gilt auch für die Müllentsorgung. Bisher wurde dieser lediglich lose in Sammelbehältern gelagert und erreichte nach mehreren Monaten ein erhebliches Volumen, was die bereits engen Platzverhältnisse an der Station noch mehr einschränkte. Aus diesem Grund entschied das DLR, eine Müllzerkleinerungsanlage zu installieren und beauftragte dafür die Erdwich Zerkleinerungs-Systeme GmbH aus dem bayerischen Igling.
Das Unternehmen entwickelt und konstruiert seit mehr als 40 Jahren Anlagen für die Zerkleinerung verschiedenster Materialien und hatte aufgrund der jahrelangen Erfahrung mit dem Zweiwellen-Zerkleinerer vom Typ M450/2-360 gleich die passende Maschine parat. Das wartungsarme Modell wurde für die Forschungsstation so konstruiert, dass er sich platzsparend in den dafür vorgesehenen Container integrieren lässt. Der anfallende Müll kann dadurch auf ein Fünftel des ursprünglichen Volumens reduziert werden.
Die 1991 gegründete Forschungsstation GARS O’Higgins (German Antarctic Receiving Station) wird ganzjährig vom DLR in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) betrieben. Für die Forscher ist es ein isolierter Arbeitsplatz mit den extremsten Umweltbedingungen weltweit: Windgeschwindigkeiten bis zu 300 km/h, Temperaturen meist im zweistelligen Minusbereich und das südamerikanische Festland liegt rund 1000 km entfernt. Dafür tummeln sich am Sockel der 9 m hohen Antenne, die zum Empfang von Satellitendaten und zur Messung tektonischer Verschiebungen eingesetzt wird, regelmäßig Pinguine. Das ist in den Wintermonaten aber der einzige Kontakt, den die Bewohner der Station haben. Transportflüge oder Festlandbesuche sind während dieser Zeit unmöglich.
Über Monate zwischengelagerter Müll benötigt viel Platz
„Das hat auch Konsequenzen für die Müllentsorgung“, erklärt Harald Erdwich, Geschäftsführer der Erdwich Zerkleinerungs-Systeme GmbH. „Da die widrigen Witterungsbedingungen im Winter zu gefährlich für einen sicheren Transport sind, muss der Müll mehrere Monate lang auf der Station zwischengelagert werden.“ Bislang wurde dieser jedoch nur lose in dafür vorgesehenen Behältern unzerkleinert gesammelt. Selbst bei vier Personen kommt hier einiges zusammen und nimmt mit mehreren Tonnen auf der kompakt konstruierten Forschungsstation, die aus mehreren Containern aufgebaut ist, wertvollen Raum weg. Um die Mülllagerung zu vereinfachen und Platz zu schaffen, beschloss das DLR deshalb, eine Müllzerkleinerungsanlage zu installieren.
„Für die Konstruktion spielten mehrere Faktoren eine große Rolle“, berichtet Erdwich. „Die Anlage sollte in einem Container im Bereich der Entsorgung installiert werden und deshalb bestimmte Maßvorgaben einhalten, um möglichst platzsparend integriert werden zu können. Außerdem war es wichtig, dass der Zerkleinerer auf lange Standzeiten ausgelegt ist und bei Bedarf trotzdem einfach von den dort ansässigen Mitarbeitern gewartet werden kann.“ Um diese Anforderungen zu erfüllen, führte Erdwich zunächst Versuche im hauseigenen Technikum durch und griff nach Abschluss der Testphase auf den bewährten Zweiwellen-Zerkleinerer M450/2-360 zurück. Das kleinste Modell der Serie von Erdwich besitzt eine relativ geringe Antriebsleistung von nur 5,5 kW, erzielt aber eine hohe Durchsatzleistung. Dazu tragen die sehr engen Schnittspalten bei, sodass das Material sauber und besonders effizient durchtrennt wird. Die Anlage ist außerdem sehr kompakt und lässt sich einfach im Container installieren. Platzsparend ist auch die Volumenreduktion: Mit Hilfe des Zerkleinerers kann der anfallende Müll nun auf ein Fünftel des bisherigen Volumens verringert und damit um 80 % reduziert werden.
Manueller Handeindrücker für mehr Effizienz
Um auch die Zerkleinerung sperriger Materialien zu gewährleisten, wurde zusätzlich zur Standardausstattung ein manueller Handeindrücker installiert. Dadurch können auch größere Verpackungen oder Behältnisse zuverlässig und sicher dem Zerkleinerungsprozess zugeführt werden, ohne dass Mitarbeiter ein Verletzungsrisiko eingehen. „Sollten dennoch Materialien in die Anlage geraten, die zu sperrig oder ungeeignet für den Zweiwellen-Zerkleinerer sind, verfügt die Maschine über eine SPS-Steuerung mit Reversier- und Abschaltautomatik“, erläutert Erdwich. „Dadurch wird die Maschine vor Beschädigungen oder Überlast geschützt.“
Ebenso wurde bei der Entwicklung auf eine einfache Wartung Wert gelegt. Um besonders lange Standzeiten zu erzielen, wurden die Messer außerdem aus Spezialmesserstahl gefertigt. Somit können sie mehrmals nachgeschliffen werden und müssen bei Verschleißerscheinungen nicht sofort ersetzt werden.
„Damit die in der Antarktis stationierten Mitarbeiter im schlimmsten Fall nicht sechs Monate auf einen Techniker zur Reparatur der Anlage warten müssen, wurde außerdem eine ausführliche Schulung in unserem Haus zur Handhabung der Maschine durchgeführt“, erklärt Erdwich. „In einer solch speziellen Umgebung sind die Wartungsfreundlichkeit und langen Standzeiten ein besonderer Pluspunkt des Zweiwellen-Zerkleinerers.“ Nun wird die Anlage fast 14 000 km von Deutschland entfernt in unmittelbarer Nähe zu einer Pinguinkolonie zuverlässig zur effizienten und umweltfreundlichen Müllzerkleinerung im Entsorgungstrakt der deutschen Forschungsstation GARS O’Higgins beitragen.