Wertstoff – nicht Abfall

Noch erscheint es etlichen Menschen offenbar „zeitgeistig“, sich abfällig über gebrauchte Kunststoffe zu äußern. Dies spiegelt sich in zum Teil völlig undifferenzierten Vorwürfen gegen Plastikmüll wider, die als „Volkes Meinung“ dann von der Politik in unsinnige Regelungen wie jene der von der EU-Kommission geplanten „Plastiksteuer“ umgesetzt werden – obwohl Fachleute heftig dagegen argumentieren. Dabei stellen nicht nur die Kunststoffverpackungen, aber diese ganz besonders, keinen Abfall, sondern eine wertvolle Ressource dar. Denn sie sind der Rohstoff für neue Waren: Aus dem Rezyklat, wie die Experten den sortierten und zerhackten Alt-Kunststoff nennen, lassen sich nämlich neue Kunststoffprodukte herstellen.


© Academic Society for Health Advice

© Academic Society for Health Advice
Aus Alt mach Neu lautet hier das Recycling-Prinzip. Auf diese Weise werden Rohstoffe sowie Energie eingespart und die Umwelt entlastet, weil recycliertes Material für die Produktion neuer Erzeugnisse genutzt werden kann und nicht neuer Kunststoff dafür produziert werden muss. Kein Grund – und keine Berechtigung! – also, gebrauchte Kunststoffwaren als Abfall zu „verleumden“.

Tatsächlich werden nicht wenige Produkte inzwischen von ihren Herstellern damit beworben, dass sie aus recycliertem Kunststoff angefertigt wurden oder hohe Anteile davon ausweisen. Seien es Brillengestelle, Elektrogeräte, Bedarfsgegenstände im Haushalt oder andere mehr – die Tatsache, dass bei ihrer Vermarktung auf den wiederverwerteten Kunststoff hingewiesen wird, macht ein kontinuierliches Umdenken in die richtige Richtung deutlich: Ein Wertstoff, der sich immer aufs Neue nutzen lässt, wird als solcher anerkannt und gewürdigt.

 

Wertstoffkreislauf – ökologisch und ökonomisch sinnvoll

In einer Zeit, in der die Endlichkeit von Ressourcen immer mehr in den Fokus von öffentlicher Meinung, Politik sowie Wissenschaft gelangt und zudem immer offensichtlicher wird, ist das Recycling von Kunststoffen ein gutes Beispiel dafür, wie es besser geht: Anstatt Ressourcen nur einmal zu nutzen, werden Kunststoffe Teil eines ökologisch wie ökonomisch sinnvollen Wertstoffkreislaufs, indem sie wieder und wieder Verwendung finden. Diesem Prinzip ist es unter anderem auch geschuldet, dass beispielsweise die Kunststoffgetränke-Verpackung in der Öko-Bilanz besser abschneidet als die von manchen vermeintlichen Umweltschützern bevorzugte Glasflasche. Darauf sind unterdessen auch kritische Institutionen wie etwa das Umweltbundesamt gekommen.

Wie geht die Nutzung des Rohstoffs gebrauchter Kunststoff nun vor sich? Kunststoff in einem Kreislauf zu halten ist auf vielerlei Art möglich: Etwa in dem die Kunststoffe wieder in ihre chemischen Einzelbestandteile zerlegt werden oder indem man den in dem Werkstoff steckenden Kohlenstoff für die Gewinnung von Energie und Wärme nutzt. Zurzeit überwiegt das mechanische Recycling von Kunststoff. Das nennt man werkstoffliches Recycling. Dabei werden die Kunststoffabfälle nach den einzelnen Kunststoffarten sortiert, gewaschen, eingeschmolzen und zu den bereits erwähnten Rezyklaten verarbeitet. Diese Rezyklate eignen sich ausgezeichnet als Ausgangsmaterial für neue Kunststoffprodukte. Somit machen sie die Produktion neuer Kunststoffe überflüssig. Beim mechanischen Recycling bleibt die chemische Struktur der Kunststoffe erhalten. Dieses Rezyklat kann Neuware im Verhältnis eins zu eins ersetzen.

 

In Kunststoff gespeicherte Energie nutzen

Für vermischte und für verschmutzte Kunststofffraktionen bietet sich speziell die rohstoffliche Verwertung an. Bei diesem Verfahren spaltet man die Polymerketten des Kunststoffs auf, etwa durch Erhitzen. Die daraus resultierenden Stoffe können ebenfalls zur Herstellung neuer Kunststoffe eingesetzt werden oder anstatt von Koks, Kohle bzw. Erdgas in Hochöfen. Bei der reinen energetischen Verwertung nutzt man die in den Kunststoffen enthaltene Energie für die Produktion von Strom, Dampf sowie zur Bereitstellung von Prozesswärme. Letztgenanntes Verfahren eignet sich insbesondere für schadstoffbelastete Kunststofffraktionen. Es trägt maßgeblich dazu bei, fossile Energieträger als Brennstoffe einzusparen und leistet somit einen wertvollen Beitrag zum Klima, Umwelt- und Ressourcenschutz.

Angesichts dieser großen Bedeutung von Kunststoff als Wertstoff hat sich die Branche zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2025 90 Prozent recycling- oder mehrwegfähige Verpackungen auf den Markt zu bringen. Derzeit liegt diese Quote immerhin schon bei 75 Prozent. Das verdeutlicht, dass das Recycling von Kunststoff nicht der Abwicklung eines Problems dient, sondern ganz eindeutig der Nutzung eines wertvollen Rohstoffs. Kunststoffverpackungen stellen somit nach ihrer ersten Nutzung im Gegensatz zu alternativen Materialien keinen Abfall dar, sondern eine Ressource, die es zu nutzen gilt.

www.academic-society.de

Thematisch passende Artikel:

Kunststoff-Recycling auf dem Bau stärken

Das Umweltbundesamt (UBA) hat in einer Studie das Recycling von Kunststoffen in der Baubranche untersucht. Das Fazit der Studie: Im Bausektor wird bereits Recyclingmaterial eingesetzt, doch es gibt...

mehr
Ausgabe 05/2020 Verpackung mit Zukunft

Gemeinsames Engagement für nachhaltige  Verpackungen

ENGEL engagiert sich für mehr Nachhaltigkeit von Kunststoffverpackungen. Gemeinsam mit sechs weiteren Unternehmen der österreichischen Verpackungsindustrie gründete der Spritzgießmaschinenbauer...

mehr

Kunststoffverpackungen besser wiederverwerten: Neues Verfahren entzieht Duftstoffe

Was nicht gut riecht, ist schlecht wiederzuverwerten. Diese einfache Regel gilt auch für die weltweit wachsenden Kunststoffabfälle. Ein Weg zu ihrer umweltverträglichen und klimaschonenden...

mehr
Ausgabe 04/2022 Umdenken reicht nicht

Entwicklungsstand beim Recycling von Kunststoff

1 Einführung Die weltweite Kunststoffproduktion erhöhte sich von 130 Millionen Jahrestonnen (Mta) im Jahr 1990 auf 460 Mta im Jahr 2019. Das ist ein Zuwachs um das 2,5-fache. Der Anteil des...

mehr

TOMRA und Plastretur unterzeichnen Joint Venture zum Bau der ersten Sortieranlage für Kunststoffverpackungen in Norwegen

TOMRA und Plastretur, ein Betreiber des norwegischen dualen Systems, investieren in den Bau einer gemeinsamen Sortieranlage für Kunststoffe in Norwegen. Gemäß den unterzeichneten Verträgen wird...

mehr